Dunning-Kruger-Effekt in der Arbeitssicherheit: Was Unternehmen gegen Halbwissen tun können

Erstellt von TÜV AUSTRIA AKADEMIE |

Geringe Kompetenz und ein hohes Maß an Selbstbewusstsein: die perfekte Ausgangssituation für Arbeitsunfälle.

Wie Unternehmen den Dunning-Kruger-Effekt vermeiden und Unfälle im Unternehmen reduzieren können, damit beschäftigte sich ein Vortrag am TÜV AUSTRIA Sicherheitstag.

In Salzburg war es im Mai bei diesem Vortrag ganz still im Saal: Ing. Dominik Haindl MSc. sprach über Arbeitsunfälle und gefährliche Situationen in einem Industriebetrieb mit über 100 Arbeitnehmer/innen und 370 Arbeitsstoffen. Im Jahr 2020 waren es noch 15 Arbeitsunfälle und 82 gefährliche Situationen, im Jahr 2021 konnten beide Zahlen nahezu halbiert werden. Was war passiert?

Kurzweilige Wissensabfrage

Prinzipiell gilt: Unterweisungen helfen dabei, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmer/innen zu gewährleisten. Diese Aufklärung von Mitarbeiter/innen bezüglich möglicher Gefahrenquellen muss laut § 14 des ASchG vor der Aufnahme der Tätigkeit passieren, bzw. bei Einführung neuer Arbeitsstoffe oder bei einer Änderung des Arbeitsverfahrens.

Unterweisungen sind aber schon seit 1995 mit Erscheinen des derzeit gültigen ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes Pflicht, dies erklärt nicht die Halbierung der Unfallstatistiken im Industriebetrieb. „Die Lösung liegt in der Adaptierung der Art von Unterweisungen auf die Bedürfnisse von Arbeitnehmer/Innen“, meinte Ing. Haindl MSc am TÜV AUSTRIA Sicherheitstag. Dabei bezog er sich auf eine Studie, die folgende Forschungsfrage beantworten sollte: Kann eine zeitlich selbst bestimmte „elektronisch computerunterstütze Unterweisung“ bei Arbeitnehmer/Innen zu einer Reduktion der organisatorisch bedingten Arbeitsunfälle bei den Arbeitnehmer/Innen führen?

Face-to-Face vs. Face-to-Screen

In der Studie wurde die persönliche Unterweisung einer fachkundigen Person der E-Unterweisung gegenüber gestellt und sowohl die Unfallstatistiken, als auch die Kompetenz erhoben. Über 100  Mitarbeiter/innen aus der Produktion, Verwaltungsangestellte und Führungskräfte beteiligten sich an der Studie. Das Fazit: Nicht nur Unfälle und Beinahe-Unfälle wurden durch elektronische Unterweisungen deutlich im Unternehmen verringert. Auch die Wissensvermittlung schnitt bei der digitalen Unterweisung besser ab. Ing. Haindl dazu: „Am wichtigsten ist es auf die individuellen Wissensstände und Kompetenzebenen der einzelnen Arbeitnehmer/Innen einzugehen. Pauschalunterweisungen demotivieren die fortgeschrittenen Arbeitnehmer/Innen und überfordern in der Regel die Anfänger.“

Plus: Eine erhöhte Schulungsfrequenz verringert den Wissensverlust, auch Wirksamkeitsprüfungen sind nötig. Nur so wird aus geringer Kompetenz und zu hohem Selbstbewusstsein ein echtes Expertenwissen mit gesundem Selbstvertrauen.

Über den TÜV AUSTRIA Sicherheitstag

Für alle Schlüsselkräfte der Arbeitssicherheit ist der Expertentag ein Fixtermin im Kalender: Zweimal jährlich gibt’s fachliche Weiterbildung, praktischen Nutzen und informelle Netzwerkbildung vereint in einer Vortragsreihe. Im Programmheft standen am diesjährigen Expertentag die Verordnung über brennbare Flüssigkeiten (VbF) 2023, über die genauso referiert wurde wie die neue EU-Maschinenverordnung (MVO) 2023. Zusätzlich haben die Referenten die Entwicklungen im Sicherheits- und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz besprochen und die gesunde Psyche am Arbeitsplatz untersucht. Zuletzt rundete Profibergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner die Veranstaltung mit einer Keynote über die Magie der Extreme ab. Der nächste TÜV AUSTRIA Sicherheitstag findet am 24.10.2023 in Vösendorf statt.

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