Vor über 300 Jahren prägte Hans Carl von Carlowitz den Begriff der Nachhaltigkeit – als Antwort auf eine Krise. Heute stehen Unternehmen erneut vor tiefgreifenden Herausforderungen. Die ESG-Berichtspflicht ist dabei nicht nur regulatorischer Druck, sondern auch eine Einladung: zur Transformation von innen.
Am 3. Juli 2025 lud TÜV AUSTRIA zum Qualitätstag ins Schlosshotel Mondsee. Ein Highlight des Programms: der Vortrag von Simone Federsel von den Badener Kurbetrieben mit dem Titel „Vom Soll zum Sinn. Wie Nachhaltigkeit das Qualitätsmanagement transformiert“. Ihre Botschaft: Nachhaltigkeit ist kein Zusatz, sondern der nächste logische Schritt im Qualitätsdenken.
Warum Nachhaltigkeit im Qualitätsmanagement angekommen ist
Mit der EU-Richtlinie CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) wird Nachhaltigkeit zur Berichtspflicht – und damit zum strategischen Muss. Seit 2025 müssen große Unternehmen mit bisheriger NFRD-Pflicht (der Pflicht zur nichtfinanziellen Berichterstattung) umfassend über Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (ESG) berichten. Doch Federsel sah darin mehr als nur ein Soll für berichtspflichtige Unternehmen, sondern eine sinnvolle Chance, Qualität neu zu denken – auch ohne Berichtspflicht.
Was Unternehmen heute schon tun können
Federsel zeigte praxisnah, wie Nachhaltigkeit ins bestehende Qualitätsmanagement integriert werden kann und offerierte den Teilnehmer:innen am Qualitätstag einen 360 Grad Rundumblick. Intern geht es darum, die Zielsysteme zu erweitern: CO₂-Reduktion, Verpackungsoptimierung oder die Aufnahme von sozialen Zielen in die Jahresplanung.
Auch Audits können transformiert werden: Fragen wie „Gibt es Ideen oder Vorschläge aus dem Team zur Ressourcenschonung?“ fördern den Dialog statt Kontrolle.
Nach außen gilt es, die Lieferant:innen neu zu bewerten: Umweltzertifikate, faire Arbeitsbedingungen und umweltfreundliche Verpackungssysteme ergänzen klassische Kriterien wie Preis und Pünktlichkeit. Und auch an Stakeholder sollte ganzheitlich gedacht werden: Neben Kund:innen und Behörden sollten auch künftige Generationen und marginalisierte Gruppen einbezogen werden.
Die Vorteile: Struktur, Sinn und strategischer Vorsprung
Wer Nachhaltigkeit ins QM integriert, profitiert mehrfach: kombinierte Audits, mehr Transparenz, motivierte Mitarbeitende und ein klarer Beitrag zur Zukunftsfähigkeit. „Qualitätsmanagement wird zur Übersetzerin von Zukunftsthemen“, so Federsel. Werkzeuge wie Mini-Ökobilanzen, SDGs als strategischer Rahmen oder die Darstellung eines Baums zur Visualisierung von nicht sichtbaren Stakeholdern, helfen dabei, Wirkung sichtbar zu machen.
Die Herausforderungen: Verantwortung statt Checkliste
Doch der Weg ist nicht ohne Stolpersteine: Unklare Zuständigkeiten, Nachhaltigkeit als bloßer Punkt auf der To-do-Liste oder Überforderung durch Dokumentation können die Wirkung ausbremsen.
Fazit: Qualität mit Verantwortung
Simone Federsel brachte es auf den Punkt: „Nachhaltigkeit ist kein Widerspruch zur Norm, sondern ihr nächster Entwicklungsschritt.“ Große Unternehmen sind verpflichtet – kleine haben (noch) Gestaltungsspielraum. Doch alle gewinnen, wenn Qualität nicht nur Leistung misst, sondern auch Verantwortung übernimmt.
„Weck den Hans Carl in dir.“ – und gestalte Qualität, die bleibt.
Über den Qualitätstag
Der TÜV AUSTRIA Qualitätstag 2025 fand am 03.07. in Mondsee statt und wird am 13.11. ein weiteres Mal in Wien und online veranstaltet. Der Expertentag ist der Treffpunkt für Qualitätsverantwortliche, Führungskräfte und Auditor:innen und bringt dieses Jahr zwei scheinbar unterschiedliche Perspektiven zusammen: technologische Innovation und gesellschaftliche Verantwortung. Diese Prämisse untermauern auch andere Vortragende am Qualitätstag, beispielsweise Christian Tabernig von WEBER-HYDRAULIK GMBH mit seinem Bericht über Qualitätszirkel oder Gertraud Weiß von Gemeinnützige Oberndorfer Krankenhausbetriebs GmbH. Sie spricht über Erfolge und Herausforderungen am Weg zu zufriedenen Patient:innen und Mitarbeiter:innen.