Gefährliche Seilschaften? Brandgefahren an Seilbahnanlagen

Der 3. Expertentag für Seilbahnen und Schlepplifte fand diesmal am 01.10.2020 in Salzburg statt.

Die Referenten sprachen über den technischen, baulichen und organisatorischen Brandschutz, die neuesten Normen zum Thema und viele Praxisbeispiele ergänzten das Programm. Fazit: Vorbereitung ist alles.

Seilbahnunglücke sind selten, Seilbahnen gehören zu den sichersten Verkehrsmitteln der Welt. Dennoch stellen vor allem Brände ernsthafte Gefahren für Seilbahnen dar, wie man am Beispiel Nauders in Tirol sah: Hier brannte die Talstation der Bergkastellbahn, das Zugseil brach und mehrere Gondeln stürzten ab. Verletzt wurde niemand, die Seilbahn war zu diesem Zeitpunkt nicht in Betrieb.

Wann wird es zu heiß?
DI Heinz Miller von TÜV AUSTRIA Millner eröffnete die Vortragsreihe auf der TÜV AUSTRIA Brandschutztagung mit einem spannenden Einblick in das Verhalten eines Seiles unter Hitzeeinwirkung. Das Seil bricht bei ca. 480 bis 650 Grad Celsius, abhängig von der Örtlichkeit: Es hält länger in der Talstation. 10 Minuten dauert es, bis sich das Metall so sehr erhitzt, dass eine kritische Temperatur erreicht wird. Das ist allerdings nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht, weil jeder Anlassfall anders ist. Ein Anlassfall wurde jedoch nachgestellt: Der Brand einer Gondel und die Auswirkungen auf das Seil. Hier wurde festgestellt, dass wahrscheinlich die Hitze auf die Umgebung abstrahlt und so der Bruch des Seils vermieden wird. DI Miller riet, das Förderseil bei einem Brand nach Möglichkeit in Bewegung zu halten, um einen Bruch zu verhindern. Bei Seilenden mit Vergusskopf liegt die Versagensgrenze übrigens bei wenig über 100 Grad.

Emergency – was tun?
Fehlendes Notfallmanagement kostet im schlimmsten Fall Menschenleben, auf jeden Fall kostet es Geld, auch der Imageschaden ist beträchtlich. Durch Fehler kann aus einem Störfall leicht ein Notfall, aus einem Notfall leicht ein Unfall werden. Wer einen Notfallplan hat, kann Unfälle, Chaos und Krisen vermeiden. Alfred Wallenta von TÜV AUSTRIA referierte über den Notfallprozess und erläuterte, wie man mit Struktur und Dokumentation für Vorfälle gerüstet ist. Wichtig ist, dass verantwortliche Betriebsleiter raschestmöglich die geeigneten Maßnahmen setzen, um eine Krise zu vermeiden: Sie verständigen die Einsatzkräfte, koordinieren das Notfall-Team, die Gästebetreuung, die Medienarbeit. Im Notfall werden Betriebsleiter zu Einsatzleitern – mit einem Handbuch sollen sie die Situation besser abarbeiten können.

Brandschutz: Check
Damit es aber gar nicht zur Krise kommt, wird der Tag in der Seilbahn mit Brandschutz-Eigenkontrollen begonnen. Die so abgearbeitete Liste dient nicht nur der Sicherheit, sondern auch der Versicherung und ist für Behörden entscheidend, wenn es um eine mögliche Strafverfolgung im Unglücksfall geht. Die Dokumentation im Brandschutzbuch darf nicht veränderbar sein und muss lückenlos aufgezeichnet werden, jede Änderung vom Brandschutzbeauftragten vermerkt werden. Die Checkliste hinterfragt Themen wie die Fluchtwegkennzeichnung, die Feuerwehrzufahrt, Wandhydranten, Feuerlöscher und Brandmeldeanlagen. Erwin Gütl von Erwin Gütl Sicherheitstechnik – Brandschutz ging die einzelnen Punkte der Brandschutz-Eigenkontrollen durch und gab den Teilnehmern im Anschluss auch Anschauungsunterricht anhand eines Tanklöschfahrzeuges. Dies wurde zum TÜV-Schulungsfahrzeug umgebaut - Gütl führte einen Funktionstest an einer Brandmeldeanlage durch und führte Brandrauchentlüftung, Sprinkler und Feuerlöscher vor.

Rechtlich sicher
Die TRVB 119 O ist eines der Regelwerke hinsichtlich des Brandschutzes. Eine neue Ausgabe ist in Vorbereitung, über die Neuerungen referierte SV Ing. Martin Swoboda von TÜV AUSTRIA. Bezüglich Seilbahnen gibt es einen Passus, der Schäden an Seilbahnen und die Abdeckung durch Versicherungen betrifft. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Außerbetriebnahme einer Brandschutzeinrichtung dem Versicherer gemeldet werden muss. Ing. Swoboda appellierte an die Teilnehmer, dies direkt mit dem Versicherer vorab zu besprechen, am besten schriftlich.

Der Leitfaden Brandschutz 2020 ist ebenfalls hilfreich und erläutert die ÖNORM EN 17064:2019. Der Leitfaden zeigt auf, wie man die Brandlast im Seilbahnbereich gering halten kann. Dies gelingt beispielsweise mit Wärmedämmung in A2 (nicht brennbar) bei Außenwänden und Fassaden. Matthias Madersbacher referierte außerdem über die Leitfaden-gerechte Beschaffenheit von Bodenbelägen, Fluchtwegen, Fahrgastbereichen oder Sicherheitsbeleuchtungen. Auch die Einrichtungen zur Branderkennung sind im Leitfaden beschrieben: Für sie gilt, dass in jedem Kommandoraum und in jedem Dienstraum der Stationen eine Anzeigeneinrichtung vorhanden sein soll, an dieser leicht ablesbar ist, ob es in einem kritischen oder unkritischen Bereich der Anlage brennt.

Kontakt

T: +43 (0)5 0454-8000
E: akademie@tuv.at

TÜV AUSTRIA-Platz 1
2345 Brunn am Gebirge

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