Diese gewünschte Selbstbestimmung betrifft auch 320.000 Menschen in Österreich: Sie sind stark seheingeschränkt. Nur die wenigsten Web-Angebote zielen jedoch auf diesen Kundenkreis ab. Das soll sich spätestens 2025 ändern.
Menschen mit einer Makuladegeneration sehen Flecke oder Schatten in der Mitte des Gesichtsfeldes. Sie sehen Linien und Objekte verzerrt. Sie brauchen Hilfe, um sich im täglichen Leben zurecht zu finden. Dieses Leben wird für alle Menschen ohne Behinderung stetig leichter: Zwei, drei Klicks im Netz und schon steht ihnen die Welt offen. Aber gerade Menschen mit Behinderung sind darauf angewiesen, dass diese Welt für sie ebenfalls erreichbar ist. Das ist schwierig, wenn die Website nicht barrierefrei gestaltet ist.
Am TÜV AUSTRIA Symposium für CSR und Nachhaltigkeit erklärte Werner Rosenberger von der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs die Notwendigkeit, den eigenen Webauftritt auf Inklusion zu prüfen. Für Unternehmen ergeben sich durch die barrierefreie Ergänzung ihrer Website einige Vorteile: Sie profitieren von einem größeren Kundenkreis und einem positiven Image. Rosenberger dazu: "Digitale Barrierefreiheit soll kein Hindernis sein, sondern ein Mehrwert für alle!“ Diese Barrierefreiheit wäre auch für Menschen mit Hör-, Mobilitäts- oder kognitiven Einschränkungen hilfreich, das sind insgesamt 1,7 Millionen Menschen in Österreich, die temporär oder dauerhaft beeinträchtigt sind.
Im Recht
Nicht nur eine wirtschaftliche und ethische Verpflichtung ist vorrangig bei der Entscheidung, die Barrierefreiheit der Unternehmens-Website zu gewährleisten. Auch ein rechtlicher Hintergrund ist gegeben: Das Barrierefreiheitsgesetz, basierend auf dem European Accessibility Act, tritt 2025 europaweit in Kraft. Es soll Websites ohne Grenzen fördern und Web-Angebote jenen zugänglich machen, die bislang aufgrund sensorischer oder technischer Einschränkungen dazu nicht in der Lage waren. Das Gesetz betrifft alle österreichischen Unternehmen ab 10 Mitarbeitende und / oder 2 Millionen Euro Jahresumsatz, die digitale Produkte und Dienstleistungen anbieten. Also beispielsweise Online-Shops, elektronische Kommunikationsdienste, Ticketsysteme auf Flughäfen, Bankomaten.
Was gebraucht wird
Sehbehinderte Menschen nutzen Screenreader. Diese sollten auf Websites stoßen, die sie lesen können. Unter anderem setzen Rosenbergers Vorschläge für die Umsetzbarkeit genau da an: verständliche Inhalte, eine klare Struktur, ein übersichtliches, kontrastreiches Design und die Bedienbarkeit mit Tastatur – all das gehört zu einer inklusiven Website. „Immer mehr Maschinen werden Websites besuchen. Digitale Barrierefreiheit ist daher gleichzusetzen mit Interoperabilität, damit beispielsweise Screenreader die Websites und Apps optimal bedienen können.“, sagte Werner Rosenberger.
Dass Websites wirklich barrierefrei sind, das können sich Unternehmen mit einer Zertifizierung bescheinigen lassen. Zum Beispiel mit dem TÜV-Siegel WACA von TÜV Trust IT.
Über das Symposium CSR und Nachhaltigkeit
Der Expertentag fand im Mai zum zweiten Mal in Wien statt. Dieses Jahr begeisterte das Symposium vor allem durch seine Themenvielfalt: CSR & Nachhaltigkeit wurde einen Tag lang aus Sicht eines Zertifizierers, aus Sicht eines Rechtsexperten, einer Beraterin, eines Herstellers, einer Bankerin beleuchtet – letztere stellte Projekte in ihrem Unternehmen im Bereich ESG vor. Außerdem stand Nachhaltigkeit im Personalmanagement auf dem Programm. Die Veranstaltung richtet sich vor allem an Beauftragte im Betrieb, speziell diejenigen, welche die Bereiche Umwelt, Qualität, Compliance, Personal oder allgemein Organisation verantworten.